Siegfried Nohner
Fachgutachter für Schimmelpilzschäden 

Heizen und Lüften
Kapitel 1 - Feuchtigkeit

 Menschen, die in ihren Wohnungen mit Schimmelpilzen zu tun haben, darf man mit diesen Reizworten nicht mehr kommen. Das liegt daran, dass viel zu oft und zu einfach alle biogenen Schäden hierauf zurückgeführt werden, auch wenn die Schadensursache gar nicht am Raumklima festzumachen ist.

Dabei reden wir doch über Physik und über die Fähigkeit der Wärme, Feuchtigkeit zu transportieren. Denn nur Wärme ist dazu auch in der Lage. Situationen der Kondensation von Wasser an kühlen Flächen stellen wir alltäglich fest: während des Duschens beschlägt der Spiegel, an kalten Tagen beschlägt die Frontscheibe des Autos oder die Brille nach Betreten eines Ladens oder einer Wohnung.

Die Ursache für die Kondensation liegt in den unterschiedlichen Temperaturen der Oberflächen. Höhere Temperaturen können mehr Wasser aufnehmen als niedrigere. An den Flächen mit niedriger Temperatur legt sich dann die Feuchtigkeit ab, die im oberflächennahen Bereich der kühleren Fläche nicht mehr gehalten werden kann.


Das Bild soll veranschaulichen, in welcher Abhängigkeit die gleiche Menge Wasser zu unterschiedlichen Temperaturen steht.

Die Menge an Wasser bei 20 °C und 50 % relativer Feuchte beträgt 8,6 g/m³ und bei 10 °C und 100 % relativer Feuchte 9,4 g/m³.

In Gebäuden mit baualtersbedingt unzureichender Wärmedämmung kann dies zum Tauwasserausfall in Außenwandecken führen. Schimmelpilze wachsen bereits vor dem Tauwasserausfall.

Wieviel Feuchtigkeit einem Raum zugeführt werden kann ist (vor dem Hintergrund der Vorbeugung vor Schimmelpilzbefall) von der Temperatur der Außenwandecke abhängig (beispielhaft erwähnt).

Es ist für mich immer wieder erstaunlich zu lesen und zu hören, welche Lüftungsempfehlungen zur bevorstehenden Winterzeit vermeldet werden. Da wird eine 2- bis 3-malige Stoß- oder Querlüftung als ausreichend genannt in Unkenntnis der vor Ort herrschenden Temperaturen der raumumschließenden Oberflächen. Zu lesen ist auch, dass die relative Luftfeuchtigkeit einen Wert von 55 bis 60 % nicht übersteigen darf, ohne Bezug auf die Lufttemperatur zu nehmen. Denn davon ist die bis 60 %ige Füllung ja abhängig (siehe Bild).

Die DIN zeigt zu diesem Thema den absoluten Höchstwert der Luftfeuchtigkeit auf: bei einer Temperatur der Raumluft von 20 °C darf die relative Feuchtigkeit einen Wert von 50 % nicht übersteigen. In Altbauten sind 40 % als Höchstwert empfohlen. Wohnphysiologisch darf bei dieser Lufttemperatur die relative Feuchtigkeit nicht unter 30 % sinken, weil sie dann den Behaglichkeitsbereich verlässt und zu trockenen Schleimhäuten und vermehrten Erkältungsbeschwerden führen kann.

Fazit bis hierher: pauschalierte Aussagen und Empfehlungen zum "richtigen" Heizen und Lüften können nicht ernst genommen werden, weil sie der wichtigen und notwendigen Grundlagen entbehren. Jede Wohnung und jedes Nutzungsverhalten sind individuell und aufeinander abzustimmen. Das haben mittlerweile auch einige Gerichte erkannt.

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